Militärkaserne

Er war grauhaarig, kurz geschnitten und von kleiner Statur. Er trug Zwicker, d. h. Brillen ohne Rahmen. Er übertrug seinen Beruf als Offizier in sein Familienleben – man spürte eine gewisse Strenge. Er meinte, dass man den Tag auf gottgefällige und vernünftige Weise verbringen müsse. Jede Minute wurde berechnet, genutzt. Er teilte seine Zeit während des Tages zwischen Gebet, Mahlzeiten, Studium und Spaziergänge auf.

                    Eugeniusz Mróz – Kollege aus dem Gymnasium

Die militärischen Vorteile der Stadt wurden bereits an der Wende vom 18. zum 19. Jahrhundert bemerkt. Unmittelbar nach der Verlegung des Amtssitzes eines großen Distrikts wurden die ersten Militärabteilungen nach Wadowice verlegt. Das prächtige Kasernengebäude wurde bereits in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts errichtet und ist ein typisches Denkmal des Militärbaus in den ehemaligen österreichischen Teilungsgebieten. Es wurde auf einem quadratischen Grundriss mit einem von Arkadengängen umgebenen Innenhof errichtet. Es diente bis zum Ende des Zweiten Weltkriegs als Garnisonsgebäude und wurde in den Folgejahren für verschiedene Zwecke genutzt.

Karol Wojtyla – der Vater des Heiligen Johannes Paul II. – begann seine militärische Laufbahn in dieser Kaserne. Er wurde 1879 in Lipnik bei Biała (heute Bielsko-Biała) geboren. Bereits im Alter von 14 Jahren brach Karol (Vater) seine Ausbildung am kaiserlich-königlichem Obergymnasium ab und begann in der Schneiderei seines Vaters zu arbeiten.

1900 erreichte er das Wehrpflichtalter (21) und begann einen dreijährigen Dienst in Wadowice, im kaiserlich-königlichen 56. galizischen Infanterieregiment zum Graf J. L. Daun. Nach den drei Jahren beschloss Karol Wojtyła, als Berufsunteroffizier in der Kreisergänzungskommission (PKU, 1904) in der K.u.K. Armee zu bleiben. Ein Jahr später wurde er in das Regimentsadjutantur in Krakau versetzt, wo er bis 1913 blieb. Zu seinen Aufgaben gehörte es, Anweisungen zu verfassen, den Haushalt des Regiments zu verwalten und den Schriftverkehr zu führen. Für seine gewissenhafte Erfüllung dieser Aufgaben wurde er zum Buchhaltungsunteroffizier befördert.

Während seines Aufenthalts in Krakau lernte Karol Emilia Kaczorowska kennen und heiratete sie. Die Trauung fand am 10. Februar 1906 in der Garnisonskirche der St. Peter und Paul Apostel statt. Das junge Paar ließ sich in dem Dorf Krowodrza bei Krakau nieder. Noch im selben Jahr wurde ihr erster Sohn Edmund geboren.

Im Jahr 1913. wurde Wojtyla (Vater) Militärbeamter und begann seine Arbeit bei der militärischen Ergänzungskommission in Wadowice, bevor er mit seiner Frau und seinem Sohn in die Stadt an der Skawa zog.

Als der Erste Weltkrieg ausbrach (1914), wurde die K.u.K Armee mobilisiert, darunter auch das 56. Regiment. Weil Karol Wojtyła (Vater) als Beamter nicht an den Kämpfen teilnehmen konnte, blieb er in der Kaserne in Wadowice. Mitte November 1914 wurde das Bataillon nach Mähren evakuiert und er und seine Familie wurden in die Nähe von Hranice (Böhmen) verlegt. Nach seiner Rückkehr nach Wadowice setzte er seinen Dienst im Stammregiment bis Oktober 1918 fort, als die polnische Verwaltung die Macht in Galizien übernahm.

Im Februar 1919, bereits als Soldat in der polnischen Armee, wurde Karol Leiter des Wadowicer Büros des Kreisergänzungskommandantur. Anschließend zog er mit seiner Familie in eine Wohnung in einem Mietshaus in der Kościelnastraße 7, wo 1920 sein zweiter Sohn Karol Józef geboren wurde. Zwei Jahre später wurde er Berufsoffizier im Wehrpflichtdienst. Leider wurde er 1927 wegen der schweren Krankheit seiner Frau Emilia in vorzeitigen Ruhestand versetzt.

Nach dem Sommer 1938 verließen Karol und sein Sohn Karol Józef Wadowice und zogen nach Krakau. Karol Wojtyła (Vater) starb am 18. Februar 1941 nach kurzer, schwerer Krankheit im Alter von 62 Jahren. Seine Beerdigung fand am 22. Februar 1941 auf dem Rakowicki-Friedhof in Krakau statt, wo er an der Seite seiner geliebten Frau bestattet wurde.