Ehemalige Gebäude der Turnvereinigung Sokół

In den höheren Klassen des Gymnasium wurde Karol von der Bühne fasziniert. Er wurde zum gleichwertigen Diskussionspartner für Mieczysław Kotlarczyk. Damals wurden ernsthafte Stücke aufgeführt, die Ambitionen waren groß. Karol führte auch bei einigen Stücken Regie, er gab viel von sich, aber seine Schulergebnisse litten nicht darunter. Er bekam immer ausgezeichnete Noten.

                            Szczepan Mogielnicki – ein Gymnasialkollege

1887 wurde in Wadowice der „Sokół“-Turnverein gegründet. Neben dem Turnen widmete sich der Verein auch pädagogischen, kulturellen und künstlerischen Aktivitäten. Sehr schnell wurde im Wadowicer „Sokół“ eine Theatergruppe gegründet. Zwei Jahre später wurde das Vereinsgebäude gebaut, das über eine große Turnhalle mit einer Bühne verfügte. Hier fanden die meisten großen Veranstaltungen statt, Auftritte von Gastchören, Goralentruppen, Klavierkonzerte sowie Treffen mit Dichtern, Dramatikern und Schauspielern.

Karol Wojtyła kam schon als kleiner Junge mit dem Theater in Berührung. Zunächst als Zuschauer bei den Aufführungen der Gruppe „Jagiellonka“, in der sein älterer Bruder Edmund mitspielte. Als Gymnasiast engagierte er sich zusammen mit Schülerinnen des Gymnasiums im Theaterclub der Schule. Ihre erste gemeinsame Aufführung war eine Adaption von J. Kochanowski „Sobótka. Bald darauf war Karol vom Theater fasziniert und reiste nach Krakau, um sich die von Juliusz Osterwa organisierten Theaterstücke für Jugendliche anzusehen.

1934 führten Gymnasiasten unter der Leitung von Mieczysław Kotlarczyk „Kordian“ von J. Słowacki auf, mit Wojtyła in der Hauptrolle. Im selben Jahr kam Halina Królikiewicz mit ihrem Vater – dem neuen Direktor des Männergymnasiums – nach Wadowice und beteiligte sich sehr schnell an den Aktivitäten des damals schon schulübergreifenden Theaterclubs. Im folgenden Jahr traten H. Królikiewicz und Wojtyła gemeinsam auf der Bühne des „Sokół“ in einer Tanzaufführung von „Ułani Księcia Józefa“ von L. Mazur, auf.

Schon nach den ersten Proben wusste man, dass Karol über hervorragende Fähigkeiten und Voraussetzungen verfügte, darunter gute Diktion, Bewegungsfreiheit auf der Bühne, eine schöne und klare Stimme und die Fähigkeit, sich in die Rolle einzufühlen.

Im Februar 1937, während der Vorbereitungen für eine Aufführung von J. Słowackis „Balladyna“, stellte sich heraus, dass einer der jungen Schauspieler, der die Rolle des Kostryn spielen sollte, nicht auftreten konnte. Karol eilte zu Hilfe und bot an, für seinen Kollegen einzuspringen, da er fast den gesamten Text des Stücks auswendig kannte und die beiden Figuren auf der Bühne nicht gemeinsam auftreten. Im Laufe des Stücks hat sich Karol also selbst neu charakterisiert, und niemand hat bemerkt, dass ein Schauspieler fehlte.

Im letzten Jahr der Mittelschule (1938) führten die jungen Schauspieler „Der neue Don Quijote“ von A. Fredro auf. Wojtyła spielte die Hauptrolle, an seiner Seite stand Danuta Pukłówna. Später im selben Jahr übernahm Karol die Rolle des Bühnenbildners, Mitregisseurs und Hauptdarstellers in St. Wyspiańskis Stück „Zygmunt August“. Die Aufführung löste beim Publikum Bewunderung und Rührung aus.

Bald darauf kam auf Einladung der Mittelschule die bekannte Rezitatorin Kazimiera Rychterówna nach Wadowice, um ihr neues künstlerisches Programm vorzustellen. Die Begegnung machte großen Eindruck auf die Mittelschüler, so dass Karol Wojtyła zusammen mit H. Królikiewicz die Künstlerin einlud, als Jurorin für einen schulübergreifenden Rezitationswettbewerb erneut in die Stadt an der Skawa zu kommen. Karol bereitete „Promethidion“ von C. K. Norwid vor. Halina hingegen sprach „Herbstregen“ von L. Staff, mit dem sie den Wettbewerb gewann.

Wadowice bot in der Zwischenkriegszeit perfekte Bedingungen für die Entwicklung neuer Interessen. In der Stadt gab es damals mehrere Theatergruppen. Die Entstehung des Jugendtheaters wurde durch das Leben der erwachsenen Bürger der Stadt beeinflusst, für die das Theater ein wichtiger Teil des Lebens war. Dieses Vorbild aus dem Elternhaus bereitete die jungen Menschen auf Auftritte im  Theater vor.

Heute befindet sich im ehemaligen „Sokół“-Gebäude das Kulturzentrum von Wadowice.